How can we make European Union solidary again?
Der gesamte Steuerverlust in EU-Ländern durch Gewinnverschiebung multinationaler Unternehmen, Vermögensverlagerung durch wohlhabende Einzelpersonen und grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug.
Steuersolidarität
Unternehmen, Konzerne und wohlhabende Einzelpersonen, die verdächtig geringe Steuern zahlen, müssen von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.
Unternehmen zahlen dort Steuern, wo sie Gewinne erwirtschaften. Das ist der einzig ehrliche Weg.
Der Steuerfluss zwischen den Nationen besteht aus einem verzweigten Netz von Mechanismen und Verbindungen. Dadurch wird das Gesamtbild verschleiert und das Ausmaß der nicht ganz ehrlichen Praktiken verdeckt, mit denen Unternehmen ihre exorbitanten Profite maximieren.
Die Gestaltung gerechter Steuersysteme ist in wachsendem Maße eine internationale Aufgabe. Dies ist eine wichtige Folgerung aus der zunehmenden Globalisierung.
Während Europa seinen ökonomischen Zusammenhalt verbessert, erleiden wir gleichzeitig immense Verluste bei den öffentlichen Einnahmen. Verantwortlich dafür ist die Steuerplanung der aggressivsten internationalen Akteure unseres Kontinents.
Hören Sie, was renommierte Experten über das europäische Steuersystem und Steueroasen zu sagen haben
Präsident des Instituts für Kapital und Finanzmärkte
Sehen Sie sich den Film anPräsident des Instituts für Kapital und Finanzmärkte
Sehen Sie sich den Film an170 Milliarden Euro sind sehr viel Geld. Wie kann es zu solch hohen Verlusten kommen? Bei genauer Betrachtung verteilen sich die 170 Milliarden Euro auf drei Faktoren: 60 Milliarden Euro gehen durch die künstliche Gewinnverschiebung multinationaler Unternehmen verloren, weitere 46 Milliarden durch die Verschiebung von Vermögen durch wohlhabende Einzelpersonen und 64 Milliarden durch grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug. Dies summiert sich zu einem Einnahmeverlust der EU-Länder von 170 Milliarden Euro aufgrund von grenzüberschreitender Steuerflucht und Steuerhinterziehung.
Besonders beunruhigend ist dabei, dass einige EU-Mitgliedsländer – darunter die Niederlande, Irland, Belgien, Luxemburg, Malta und Zypern – unfaire Methoden anwenden, um die künstliche Gewinnverschiebung multinationaler Unternehmen noch zu verstärken. In gewissem Umfang profitieren die Länder von dieser Praktik, aber dies geschieht zum Nachteil aller anderen Mitgliedsstaaten. Der Solidaritätsgedanke der EU-Gemeinschaft wird beschädigt.
Der Verlust von 170 Milliarden Euro muss von anderen Steuerzahlern ausgeglichen werden, was letztlich zu wachsenden Ungleichheiten und einem Gefühl der Ungerechtigkeit unter den europäischen Bürgern führt.
Die EU befindet sich in einem steuerlichen Unterbietungswettlauf. Die EU-Länder sind in einen internationalen Steuerwettbewerb eingetreten, der zu einer schrittweisen Senkung der Steuersätze für Kapital geführt hat. Dies gilt insbesondere für die Besteuerung von Unternehmensgewinnen. Obwohl sie Teil einer Gemeinschaft sind, reagieren die EU-Länder auf die Steuerpolitik der anderen Mitglieder: Wenn ein Land beschließt, die Steuersätze zu senken oder besondere Privilegien für einige Steuerzahler zu gewähren, ziehen andere Länder mit ähnlichen Maßnahmen nach, um die eigene steuerliche Wettbewerbsfähigkeit in der globalen Wirtschaft zu erhalten. Die negativen Effekte dieses Teufelskreises treffen vor allem nicht privilegierte Steuerzahler, die einen wachsenden Teil der Kosten für die Bereitstellung öffentlicher Güter und Leistungen übernehmen müssen.
Ein Blick auf die Zahlen: Die durchschnittliche Standard-Körperschaftssteuer lag im Zeitraum von 1995 bis 1999 bei 34 – 35 Prozent. In den nächsten zehn Jahren sank sie um 10 Punkte auf 24 Prozent im Jahr 2009. Im Jahr 2019 lag der durchschnittliche Spitzensatz der Körperschaftssteuer bei 22 Prozent.
Zudem ist auch der effektive Körperschaftssteuersatz seit dem Jahr 2000 in fast allen EU-Mitgliedsstaaten gesunken. Von 2000 bis 2017 fiel der EU-Durchschnitt um 8 Punkte von 24 auf 16 Prozent.
Multinationale Unternehmen nutzen folgenden Umstand aus: Nicht alle Länder verpflichten Unternehmen dazu, dort Steuern zu zahlen, wo Gewinne erwirtschaftet werden. Gewinne werden künstlich in Niedrigsteuergebiete verlagert, um so Steuerpflichten zu reduzieren.
Diese Praxis der künstlichen Gewinnverteilung hat in den meisten EU-Ländern erhebliche negative Auswirkungen auf die öffentlichen Einnahmen. EU-Mitgliedsstaaten verlieren dadurch jährlich über 60 Milliarden Euro (zu, Stand von 2016) an Steuereinnahmen. Am stärksten betroffen sind Deutschland (18 Milliarden Euro), Frankreich (11 Milliarden Euro) und Großbritannien (14 Milliarden Euro).
Im Durchschnitt verlieren EU-Mitgliedsstaaten 13 Prozent ihrer derzeitigen Einnahmen. Das Spektrum reicht dabei von 20 – 30 Prozent in Deutschland, Ungarn, Frankreich und Großbritannien bis zu rund 10 Prozent in einigen mittel- und osteuropäischen Ländern, die eine relativ geringe Steuerbelastung von Unternehmen aufweisen. Dazu gehören zum Beispiel Bulgarien, Tschechien, die Slowakei, Slowenien und Rumänien.
In dem Land besteuert werden, in dem sie tatsächlich produziert werden. Aber nicht alle Länder – darunter auch sechs EU-Mitgliedsstaaten - halten sich an diese Regel.
In alphabetischer Reihenfolge sind dies: Belgien, Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande und Zypern. Diese EU-Mitgliedsstaaten sind Nutznießer der künstlichen Gewinnverschiebung, bei der multinationale Unternehmen ihre Gewinne in Niedrigsteuergebiete verlagern und damit Steuerschulden verringern. Der Großteil der künstlichen Gewinnverschiebung findet unter den EU-Mitgliedsstaaten selbst statt. Rund 80 Prozent der Verluste durch entgangene Körperschaftssteuern aufgrund künstlicher Gewinnverschiebung entstehen damit in anderen EU-Mitgliedsstaaten.
Diese Praktik hat in den meisten EU-Mitgliedsstaaten erhebliche negative Auswirkungen auf die öffentlichen Einnahmen. Daran ist zu erkennen: Das grundlegende Prinzip der Besteuerung von Gewinnen in den Ländern, in denen sie erwirtschaftet werden, ist in der EU weitgehend gestört.
Ausländische Direktinvestitionen (ADI) sind häufig ein wichtiger Motor für eine wirkliche internationale Wirtschaftsintegration. Durch den Transfer von Kapital, Qualifikationen und Technologien stimulieren ADI das Wachstum, schaffen Arbeitsplätze und fördern die Produktivität. ADI werden als grenzüberschreitende Finanzinvestitionen zwischen Unternehmen definiert, aber ein Großteil davon hat Phantomcharakter. Investitionen werden oftmals über leere Mantelgesellschaften oder Zweckgesellschaften geleitet, die keine echte Geschäftstätigkeit aufweisen. Ihr einziger Zweck ist die Minimierung der globalen Steuerschuld multinationaler Unternehmen.
Bei erschreckenden 40 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen (ADI) handelt es sich um Phantom-Investitionen. Fast die Hälfte davon entfallen auf Luxemburg und die Niederlande. Zudem befindet sich auch Irland in den Top Ten der Länder, die Phantom-Investitionen aufnehmen. Rechnet man die Sonderverwaltungszone Hongkong, die Britischen Jungferninseln, die Bermudas, Singapur, die Kaimaninseln und Mauritius hinzu, werden damit 85 Prozent der weltweiten Phantom-Investitionen abgedeckt.
Das Problem dieser Phantom-ADI-Investitionen besteht darin, dass leere Mantelgesellschaften in Steueroasen die Steuererhebung sowohl in fortgeschrittenen als auch in aufstrebenden und sich entwickelnden Volkswirtschaften untergraben.
Nicht nur Unternehmen profitieren von Steueroasen und Offshore-Finanzplätzen. Durch die zunehmende Globalisierung ist es heute auch für den einzelnen Steuerzahler wesentlich einfacher, Investitionen außerhalb seines Wohnsitzlandes zu tätigen und zu halten.
Nicht nur Unternehmen profitieren von Steueroasen und Offshore-Finanzplätzen. Durch die zunehmende Globalisierung ist es heute auch für den einzelnen Steuerzahler wesentlich einfacher, Investitionen außerhalb seines Wohnsitzlandes zu tätigen und zu halten.
Das geschätzte Offshore-Vermögen wohlhabender EU-Bürger beträgt 1,5 Billionen Euro, was fast 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der EU ausmacht (Stand 2016). Der Großteil des ins Ausland transferierten Vermögens wird nicht besteuert. Das führt zu erheblichen Verlusten bei den öffentlichen Einnahmen in den EU-Mitgliedsstaaten. Mindestens 75 Prozent des von EU-Bürgern auf Offshore-Konten gehaltenen Vermögens wird den Steuerbehörden nicht gemeldet. Schätzungen zufolge werden daher bis zu 1,1 Billionen Euro nicht besteuert. EU-Mitgliedsstaaten haben dadurch Einnahmeverluste in Höhe von 46 Milliarden Euro.
Mehrwertsteuerbetrug ist ein ernstes Problem in der EU, da die Mitgliedsstaaten durch Mehrwertsteuerbetrug und unzureichende Mehrwertsteuererhebungssysteme einen wichtigen Teil der öffentlichen Einnahmen verlieren. Dieser Verlust wird als Mehrwertsteuerlücke ausgedrückt: Dabei handelt es sich um die Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten Mehrwertsteuer und dem theoretischen Wert der Mehrwertsteuer bei korrekter Deklarierung aller Umsätze und Transaktionen durch die Steuerzahler. Die Einbußen bei den öffentlichen Einnahmen sind erheblich und belaufen sich auf rund 137 Milliarden Euro im Jahr 2017. Rund 40 Prozent dieser Gelder gingen durch grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug verloren. Im Jahr 2017 betrug die Mehrwertsteuerlücke durchschnittlich 12 Prozent der theoretischen Mehrwertsteuereinnahmen in den EU-Mitgliedsstaaten.
Wie verläuft Mehrwertsteuerbetrug? Organisierte kriminelle Gruppen erschleichen sich die Mehrwertsteuer, indem sie Schwächen der Mehrwertsteuererhebungssysteme bei innergemeinschaftlichen Transaktionen ausnutzen.
aber in mehreren Ländern – darunter Rumänien, Griechenland, Litauen, Italien und Slowenien – ist sie mit über 20 Prozent immer noch hoch. Demgegenüber ist es Polen gelungen, die Mehrwertsteuerlücke von 27 Prozent im Jahr 2013 auf 14 Prozent im Jahr 2017 und auf knapp 9 Prozent im Jahr 2018 zu reduzieren.
Der Erfolg Polens bei der Bekämpfung der Mehrwertsteuerlücke basiert auf einer koordinierten Anstrengung, zu der die Verabschiedung moderner Gesetze, die Konsolidierung der Steuerverwaltungsbehörden und die Kooperation mit dem IT- und Bankensektor gehören.